05.04.2023
Die Liv Suites im siebengeschossigen Holzhaus im Herzen der Stadt Luzern bieten ein modernes Wohnerlebnis. Die Schindelfassade ist ein Hingucker. Brandversuche ermöglichen das durchlaufende Lärchenkleid ohne störende Schürzen oder Brandriegel.
Im städtischen Kontext sind Mauerwerk, Glas und Stein die dominierenden Materialen für Fassaden. Meist sind diese Materialien im Baureglement zwar nicht vorgegeben, dennoch müssen Architektinnen und Bauherrschaften gut argumentieren, wenn sie in der Innenstadt einen Neubau mit Holzfassade realisieren wollen. Tobias Schaer, Eigentümer der Liegenschaft an der Maihofstrasse 8, ist es zusammen mit FANGAN Architekten gelungen, die Stadt von einem Mehrfamilienhaus mit Schindelfassade zu überzeugen.
Wartungsfreie Fassade
Jetzt ist der siebengeschossige Holzbau fertiggestellt und die Schindelfassade aus Lärchenholz strahlt mit seiner goldgelben Farbe. Bald nimmt sie eine silbergraue Patina an und ist dank den natürlichen Harzen und Inhaltstoffen sehr dauerhaft. Die Fassade muss nicht gewartet oder gestrichen werden und hat eine Lebensdauer von bis zu 80 Jahren.
Bilder: burkart.lu Fotografie
Der Neubau an der Maihofstrasse mit seinen sieben Geschossen befindet sich zwar unterhalb der Hochhausgrenze. Dennoch sind für brennbare Fassadenhüllen ab drei Stockwerken Massnahmen zu treffen, damit sich ein Feuer nicht über mehr als zwei Geschosse ausbreitet. Zurzeit gibt es noch keine Grundlagen (z.B. der Lignum) zum Stand der Technik für Schindelfassaden, die die Konstruktionsgrundsätze für den Brandschutz festhalten. Die Massnahmen sind daher anhand bewährter Konstruktionsprinzipien von ähnlichen Holzfassaden sowie aus vergangenen Erfahrungen, zum Beispiel Bränden an geschindelten Gebäuden oder Brandversuchen, herzuleiten.
Schindelfassade ohne Schürzen
Besonders ästhetisch sind Schindelfassaden, wenn sie das ganze Gebäude durchgehend umhüllen, ohne durch Schürzen und Brandriegel unterbrochen zu werden. Zu beurteilen blieb dann, ob sich ein Feuer aussenseitig unzulässig schnell oder «selbstkletternd» ausbreitet. Die Ausbreitung der Flammen ist von der Dimension und Schichtung der Schindeln sowie ihrem Verformungsverhalten abhängig. Für den Neubau der Appartementhäuser Wolf und Edelweiss in Andermatt hat Timbatec das Brandverhalten einer solchen Fassade in Brandversuchen festgestellt.
Grünes Licht nach Brandversuchen
Die Fassade an der Maihofstrasse ist nach den gleichen Prinzipien konstruiert, die Rahmenbedingungen beim Haus Wolf und dem Liv Suites Gebäude sind vergleichbar: Lochfassade mit übereinander liegenden Fenstern, keine Innenecken, Regelabstände zu Nachbargebäuden, nicht brennbare Abdeckung im Sockelgeschoss, Standort inmitten von Neubauten, die ebenfalls dem Stand der Technik entsprechen, und eine unterhaltene Fassade. Die Resultate der Brandversuche aus Andermatt durften daher für den Bau in Luzern herangezogen werden und ermöglichten die Schindelfassade beim Liv Suites Gebäude.
Bei den Versuchen in Andermatt diente ein erster Kleinbrandversuch an einem Muster die grobe Beurteilung des Brandverhaltens. In einem zweiten Schritt folgte in Absprache mit den Behörden ein Realbrandversuch an einem Fassadenstück.
Bis 15 Minuten nach dem Ausbruch breitete sich das Feuer über die Fassade auf eine Höhe von rund 4 m aus. Nachdem die Stützflamme unter dem Fassadenstück wieder reduziert wurde, stagnierte auch die Ausbreitung an der Fassade. Nach dem Erlöschen des Stützfeuers brannte die Fassade im Teilbereich des Brandkegels zwar weiter, eine Ausbreitung auf den unbeschädigten Bereich ging jedoch nur noch langsam voran. Mit dem geprüften Schindeltyp und den getroffenen Brandschutzmassnahmen können die definierten Schutzziele eingehalten werden.
Beteiligte:
Leistungen Timbatec: