10.02.2022
Das neue Alters- und Pflegeheim Wier in Ebnat Kappel bietet dereinst 95 Menschen ein Zuhause. Gebaut wird mit Holz aus der Region. Dafür fällten Förster der Gemeinden letzten Winter über 3500 Festmeter Holz, das später zu Holzbauteilen verarbeitet wurde. Verfolgen Sie den Bau per Webcam.
Im Januar 2017 hat die öffentliche Ausstellung des Architekturwettbewerbs für den Neubau des Pflegeheims Wier mit dem Siegerprojekt «Weite Nähe» von Dobis Architekten GmbH und Zach + Zünd Architekten GmbH BSA SIA stattgefunden. Im gleichen Jahr hat die Bevölkerung einen Kredit über Fr. 38 Mio. für den Neubau genehmigt.
Von Beginn weg war klar: Im Pflegeheim soll Holz aus den umliegenden Gemeinden verbaut werden. Das bedingt eine frühe Planung. Ein Rückblick zeigt die nötigen Schritte, damit die EGLI Zimmerei AG bald mit dem Aufrichten des Holzbaus starten kann. Jetzt wird die Kernzone betoniert, die Zimmer werden dann rund um den Betonkern in Holzbauweise aufgerichtet. Die Arbeiten können mit der Webcam live verfolgt werden.
Holzbeschaffung früh geplant
Die Planung der Holzbeschaffung von der Waldwirtschaft über die verarbeitenden Betriebe bis zum Holzbauer muss von Anfang an gut koordiniert werden. Timbatec hat dazu bereits Anfang 2019 die Holzmengen für das Tragwerk, die Gebäudehülle und die Aussenbekleidung ermittelt und die benötigte Festigkeit definiert. Ebenfalls wurde festgelegt, ob das Holz schlussendlich sichtbar ist oder nicht. Mit diesen Angaben können die Förster das richtige Holz aus den Wäldern ernten.
Eigenes Holz in öffentlichen Bauten
Seit dem 1. Januar 2021 ist das neue
öffentliche Beschaffungsrecht (BöB) in Kraft, mit vielen guten Erneuerungen
bezüglich mehr Nachhaltigkeit und Qualitätswettbewerb. Das BöB hat aber auch
Tücken. Zum Beispiel bei der Beschaffung von regionalem Holz. Öffentliche
Bauprojekte, die den Schwellenwert von 9,575 Mio. Franken überschreiten, müssen
öffentlich ausgeschrieben werden. Gleiches gilt für die Leistungen des
Bauhauptgewerbes (Bsp. Zimmerarbeiten) oder einzelne Lieferungen (Bsp.
Einschnitt des Rundholzes), wenn sie den Schwellenwert von 500’000 Franken bzw.
250’000 Franken überschreiten. Neubauprojekte wie das Pflegeheim Ebnat Kappel
müssen somit öffentlich ausgeschrieben werden. Nach dem Grundsatz der
Nichtdiskriminierung darf hinsichtlich der Materialherkunft keine Forderung
gestellt werden. Schweizer Holz oder Holz aus einem bestimmten Umkreis des Baus
zu verlangen, wäre nicht zulässig.
Es gibt aber Möglichkeiten, wie trotz
öffentlicher Ausschreibung Holz aus der Umgebung verwendet werden kann: Die
Bereitstellung des Holzes durch die Bauherrschaft selber, die sogenannte
inhouse-Beschaffung, ist eine davon. Gemeinden wie Ebnat Kappel und die
umliegenden Gemeinden im Toggenburg, die selber über grosse Wälder verfügen,
dürfen den Rohstoff zur Verfügung stellen und dies in der Ausschreibung so
definieren. Besonders interessant ist auch, dass der Verarbeitungsgrad der
Produkte freigestellt ist. Das bedeutet, es können ganze Stämme, Schnittholz
oder auch verleimte Produkte bereitgestellt werden. Beim Alters- und Pflegeheim
haben die
Gemeinden das Holz inhouse beschafft und dem Holzbauer zur Verfügung
gestellt. Das geschlagene Holz wird direkt am Bau verwendet.
Zwei Möglichkeiten der inhouse Beschaffung
Direkte Verwendung von Holz aus den eigenen Wäldern
Bei der direkten Nutzung ist sichergestellt, dass das in den eigenen Wäldern geschlagene Holz auch tatsächlich für ein bestimmtes Bauprojekt genutzt wird. Jeder gefällte Baum wird für eine bestimmte Verwendung geplant und seine Rückverfolgbarkeit ist jederzeit gewährleistet.
Indirekte Verwendung von Holz aus den eigenen Wäldern
Bei der indirekten Nutzung wird gleich viel Holz geschlagen, wie für ein bestimmtes Bauprojekt verwendet wird. Dieses Prinzip ermöglicht einem Waldbesitzer, seine eigenen Ressourcen zu nutzen. Das Holz wird nicht direkt für den bestimmten Bau verwendet, aber die gleichen Holzmengen werden auf dem Schweizer Markt gehandelt.
Das Mockup
steht
Auf dem Areal des Neubaus steht ein
sogenanntes Mockup als Vorführmodell. Es dient der Überprüfung der Planung, des
Bauablaufes und der Ausführungsqualität sowie der Bemusterung der
unterschiedlichen Gewerke. Die vorgefertigten Holzelemente werden vom
Zimmermann im Werk als einzelne, transportfähige Elemente erstellt und auf der
Baustelle in sehr kurzer Zeit aufgerichtet. Es folgen auf der Baustelle
Bedachungsarbeiten, Spenglerarbeiten, Fenstereinbau, Storeneinbau und
Metallbauarbeiten (Geländer). Ebenfalls wird die Fassade auf der Baustelle
montiert. Aufgrund der Vorfabrikation der Aussenwand- und Dachelemente und des
hohen Wiederholungsfaktors dieser Bauteile sind unvorhergesehene Anpassungen
auf der Baustelle zeit- und kostenintensiv. Durch das Erstellen des Mockups
werden also Zusatzkosten vermieden, man erhält eine hohe technische und finanzielle
Sicherheit. Beim Mockup wurden Bauteile erstellt, welche im Neubau einen hohen
Wiederholungsfaktor haben: Zimmer der Bewohnerzimmer, Balkonabschnitt und
Fassadeausschnitt. So können verbesserungswürdige Punkte vor der definitiven
Vorfabrikation korrigiert werden. Das Mockup bleibt während der gesamten
Bauzeit stehen und dient als Referenzmodell zur Qualitätskontrolle. Am Mockup
wird aktuell auch das Farbkonzept überprüft. Für die Besichtigung werden der
Bevölkerung zwei öffentliche Termine angeboten. An diesen Daten werden
Vertreter der Baukommission und der Planergemeinschaft Wier vor Ort sein und
den interessierten Personen Fragen beantworten können.