13.04.2022
Das performative Haus des Büros Edelaar Mosayebi Inderbitzin ist bald bezugsbereit. Dank schieb- und drehbaren Bauteilen entsteht an der Stampfenbachstrasse in Zürich hochwertiger Wohnraum auf kleinster Fläche. Solche Lösungen sind für uns Ingenieure hochinteressant.
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person ist bei den Mehrfamilienhäusern seit 1960 kontinuierlich gestiegen, während das Angebot an zur Verfügung stehendem Bauland sinkt. Besonders in den urbanen Zentren ist das Angebot an bezahlbarem Wohnraum knapp. Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) lebten 2020 mehr als die Hälfte der Haushalte in einer Wohnung mit mehr als zwei Zimmern pro Person. In Zürich wird ein Drittel der Wohnungen von Singlehaushalten und ein Drittel von Paarhaushalten bewohnt, nur in jeder dritten Wohnung wohnt eine Familie oder eine Mehrpersonengemeinschaft. Das Architekturbüro Edelaar Mosayebi Inderbitzin stellt sich der Frage, wie qualitativ hochwertiger Wohnraum auf kleiner Fläche angeboten werden kann.
Hochwertige Wohnkonzepte sind gefragt
Für
einen geringeren Flächenverbrauch brauchen wir hochwertigen Wohnraum auf
kleinerer Fläche. Dazu gibt es verschiedene Ideen. Ein Ansatz, der in den
letzten Jahren immer häufiger zu sehen war, ist der Trend zu mehr
gemeinschaftlich genutzten Räumen. Eine andere Möglichkeit sind Grundrisse, die
flexibel verändert werden können. Das performative Haus an der
Stampfenbachstrasse in Zürich ist ein gutes Beispiel dafür.
Mit einer geschickt platzierten Drehwand lässt sich der Wohnraum fast schon beliebig verändern: Räume können gegliedert, getrennt oder verbunden werden. Drehschränke bieten die gleichen Vorteile wie Drehwände und bieten zusätzlich Stauraum. Als drittes performatives Element gibt es Podeste, welche ebenfalls den Raum gliedern und mit grossen Schubladen und Bodenklappen viel Stauraum bieten. Das Ziel der Architekten ist es Wohnraum zu schaffen, welcher fast ohne zusätzliche Möblierung auskommt.
Bewegliche Bauteile wie Schiebewände, Faltwände oder Drehtüren werden in der Architektur nicht gerne eingebaut, da sie mit einem höheren konstruktiven Aufwand verbunden und die Bauteile anfällig für Störungen sind. Das Mock-up an der ETH Zürich diente dazu, solche bewegliche Elemente prototypisch zu entwickeln und konstruktiv zu verfeinern. Mehr zu beweglichen Bauteilen finden Sie im Bericht zu der Forschungsarbeit «vacancy - no vacancy» vom Büro Edelaar Mosayebi Inderbitzin.
Schallmessungen
am Mock-up
Die
Geschossdecken und Wände des performativen Hauses sind grösstenteils aus
Brettsperrholzplatten konstruiert. Das Holz wird in den Wohnungen weiss
gestrichen, die Holzstruktur bleibt sichtbar. So wird die Konstruktion gezeigt und
bildet gleichzeitig eine angenehme und moderne Wohnatmosphäre. Die
Brettsperrholzwände sind tragend und leiten grosse Lasten von den oberen
Geschossen in die darunterliegenden. Damit im Bereich des Auflagers auf der
Geschossdecke das Holz nicht zusammengedrückt wird, sogenannte
Querholzpressungen, werden die Lasten durch einen Buchendübel mit einem
Durchmesser von 6 Zentimetern geleitet.
Mit dieser neuen Konstruktionsweise gibt es heute noch wenig Erfahrungen. Daher haben die Architekten und Ingenieure entschieden, ein Mock-up im Massstab 1:1 zu bauen. Bei diesem Mock-up wurde insbesondere überprüft, wie sich diese Buchendübel schalltechnisch verhalten und inwiefern der Schall von der einen Wohnung in die andere geleitet wird. So konnte festgestellt werden, dass die gesetzlichen Anforderungen an den Schallschutz zwischen den Wohnungen sichergestellt sind. Aufgrund der sehr lärmintensiven Stampfenbachstrasse sind die Anforderungen an die Fassade hoch (De 39 dB). Mit einer Aussenwand aus Brettsperrholz und einer schalltechnisch entkoppelten Aussendämmung, die als Vorsatzschale wirkt, können diese Anforderungen erfüllt werden.